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Das Strafverfahren

Der Gang des Strafverfahrens

Zu einem Strafverfahren kann es dann kommen, wenn Sie eine Strafanzeige erstattet haben. Manche Delikte wie etwa Körperverletzung, Hausfriedensbruch oder Beleidigung werden nur auf Strafantrag verfolgt, welcher binnen einer Frist von drei Monaten gestellt werden muss.

Das Strafverfahren unterteilt sich in

  • Ermittlungsverfahren,
  • Zwischenverfahren und
  • Hauptverfahren.

Danach können das Rechtsmittelverfahren und das Strafvollstreckungsverfahren folgen.

Ermittlungsverfahren einleiten

Das Ermittlungsverfahren wird dann eingeleitet, wenn eine Strafanzeige oder ein Strafantrag vorliegt. Die Staatsanwaltschaft untersucht in Zusammenarbeit mit der Polizei, ob gegen die beschuldigte Person ein hinreichender Verdacht einer Straftat besteht. Sind die Ermittlungen beendet, folgt entweder:

  • eine Einstellung des Verfahrens,
  • ein Antrag auf Erlass eines Strafbefehls bei Vergehen zur Abkürzung des Verfahrens, oder
  • eine Anklage.

Einstellung des Strafverfahrens

Die Staatsanwaltschaft kann das Strafverfahren während des laufenden Ermittlungsverfahrens aus unterschiedlichen Gründen einstellen, insbesondere wenn kein hinreichender Tatverdacht gegen die beschuldigte Person besteht.

Ein hinreichender Tatverdacht ist nur gegeben, wenn eine Verurteilung durch das Gericht als überwiegend wahrscheinlich anzusehen ist. Hiergegen kann beispielsweise sprechen, dass sich während des Ermittlungsverfahrens herausstellt, dass der oder die Beschuldigte aufgrund seines Alters noch gar nicht strafmündig gewesen ist oder ihr oder ihm offensichtlich die Tat nicht nachgewiesen werden kann. Gegen den Einstellungsbescheid können Sie als Geschädigte oder Geschädigter binnen zwei Wochen Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft einlegen.

Wenn die Schuld der beziehungsweise des Beschuldigten festgestellt wurde, diese jedoch gering ist und kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht, kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des zuständigen Strafgerichts  von der Verfolgung absehen oder das Verfahren bei bestimmten Voraussetzungen unter Auflagen und Weisungen einstellen, sofern es sich um ein Vergehen handelt.

Zwischenverfahren

Wenn die Staatsanwaltschaft durch die Beweiserhebungen seitens der Polizei zu der Auffassung gelangt, dass ein hinreichender Tatverdacht gegen die beschuldigte Person besteht, erhebt sie bei dem zuständigen Gericht Anklage. Das Gericht prüft dann im Zwischenverfahren, ob und in welchem Umfang die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen wird.

Hauptverfahren

Im Hauptverfahren wird über Schuld oder Unschuld der oder des Angeklagten entschieden. In der Hauptverhandlung gilt es zu klären, ob der in der Anklage zum Ausdruck gebrachte Verdacht gegen die angeklagte Person zu Recht besteht.

Zur Durchführung der Hauptverhandlung werden unter anderem Termine bestimmt sowie Zeuginnen und Zeugen benannt, die geladen werden sollen. In der Regel werden Sie als Geschädigte oder als Geschädigter an der Verhandlung als Zeugin beziehungsweise Zeuge beteiligt sein. Wenn Sie zum Termin geladen werden, müssen Sie persönlich erscheinen. Fernbleiben dürfen Sie nur aus dringendem Grund, welchen Sie dem Gericht mitteilen und nachweisen müssen.

Der Ablauf der Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf zur Sache, der Feststellung, ob alle Verfahrensbeteiligten anwesend sind, sowie der Vernehmung der beziehungsweise des Angeklagten  zu seinen Personalien. Die Staatsanwaltschaft verliest sodann die vom Gericht zugelassene Anklage. Anschließend folgt die Beweisaufnahme. Die oder der Angeklagte, die Verteidigung und die Staatsanwaltschaft erhalten nach jeder Beweisaufnahme die Gelegenheit, sich zu äußern. Nach Ende der Beweisaufnahme fassen sie in ihren Schlussvorträgen das Ergebnis der Hauptverhandlung zusammen und stellen ihre Anträge. Das letzte Wort hat immer die  beziehungsweise der Angeklagte.

Danach findet das Gericht sich zu einer Beratung zusammen. Anschließend folgt die Urteilsverkündung.

Rechtsmittel: Berufung und Revision

Innerhalb einer Woche nach der Urteilsverkündung können Verurteilte oder die Staatsanwaltschaft Berufung oder Revision einlegen. Dann muss ein höheres Gericht darüber entscheiden, ob das Urteil aus der ersten Instanz aufrechterhalten oder aufgehoben wird.

Strafvollstreckung

Ist das Urteil rechtskräftig und wurde die angeklagte Person verurteilt, so schließt sich das Vollstreckungsverfahren an, in dem die Strafe vollstreckt wird. Vollstreckungsbehörde ist in der Regel die Staatsanwaltschaft und im Jugendstrafrecht das zuständige Jugendgericht.

Glaubhaftigkeitsbegutachtung

Glaubhaftigkeitsbegutachtungen sind aussagepsychologische Gutachten und können in Strafverfahren, insbesondere bei Sexualstraftaten eine wichtige Rolle spielen. Es gibt Verfahren, bei denen die ermittelnde Behörde beziehungsweise das Gericht nicht über das erforderliche Sachwissen verfügt, um Zeugenangaben als erlebnisfundiert (glaubhaft) oder nicht – uneingeschränkt – glaubhaft zu beurteilen. Dies ist in der Regel der Fall, wenn außer der Aussage der oder des Angeklagten und der des Opfers keine oder nur ungenügende Beweise vorliegen.

Weitere Fälle, bei denen ein aussagepsychologisches Gutachten in Auftrag gegeben werden kann, sind:

  • wenn die Tat sehr lange zurück liegt,
  • bei psychischen Erkrankungen der Zeugin oder des Zeugen,
  • bei kindlichen oder jugendlichen Zeuginnen oder Zeugen, zum Beispiel bei Sexualdelikten,
  • bei Zeuginnen oder Zeugen, die bei ihrer Aussage unter Alkohol oder Drogen standen,
  • bei Zeuginnen oder Zeugen, die widersprüchliche Aussagen im Laufe des Verfahrens gemacht haben.

Wenn das der Fall ist, wird durch die Staatsanwaltschaft oder das Gericht auf Staatskosten ein Gutachten zur Prüfung eingeholt, welches von einem Sachverständigen erstellt wird. Hierbei handelt es sich ausschließlich um speziell ausgebildete Psychologinnen und Psychologen. An das Ergebnis des Gutachtens ist ein Gericht nicht gebunden. In der Regel wird dem Ergebnis der Sachverständigen gefolgt. Im Einzelfall kann das Gericht mit Begründung auch zu einem anderen Ergebnis kommen.

Die Teilnahme an einer Begutachtung ist freiwillig.

Unterstützung während des Strafprozesses

Hilfe und Unterstützung können Sie durch Opferberatungsstellen erhalten.

Im Idealfall kann die Beratung bereits vor der Erstattung einer Anzeige beginnen und bis zum rechtskräftigen Urteil, aber auch darüber hinaus andauern. Die Intensität der Beratung hängt ganz von den individuellen Bedürfnissen der Betroffenen ab. Grundsätzlich ist Opferberatung auch neben einer anwaltlichen Vertretung sinnvoll, da sie Unterstützung im psychosozialen Sinne bietet.

Die Möglichkeit einer Unterstützung kann konkret bedeuten:

Vor der Hauptverhandlung bespricht die Beraterin beziehungsweise der Berater altersgerecht mit den Betroffenen den Ablauf eines Strafverfahrens und die Aufgaben  jedes Beteiligten.

Es besteht die Möglichkeit, zuvor das Gericht und den Gerichtssaal zu besichtigen.

Während der Hauptverhandlung kann die Beraterin beziehungsweise der Berater die Betroffenen vor Ort betreuen und während der Vernehmung im Gerichtssaal mit anwesend sein. Wartezeiten können in einem geschützten Raum betreuend überbrückt werden.

Nach der Hauptverhandlung oder nach der Beendigung des Verfahrens ist eine Nachbesprechung möglich. Auf Wunsch wird das Urteil verständlich erklärt. Bei Bedarf informiert und vermittelt die Beraterin beziehungsweise der Berater über weitere Unterstützungsangebote zur Verarbeitung des Erlebten. Opferberatung schließt eine rechtliche und rechtsvertretende Funktion aus. Sie ersetzt keine Beratung durch eine rechtsanwaltliche Beratung und keine medizinische oder psychologische Therapie.