Menu
menu

"Gewalt im Namen der Ehre", Zwangsheirat und Zwangsehe

Allgemeines

Hinter dem Begriff „Gewalt im Namen der Ehre“ verbergen sich unterschiedliche Formen von Gewalt, die eingesetzt werden, um die Ehre der Familie zu bewahren oder die vermeintlich verletzte Ehre wiederherzustellen.

Die in diesem Zusammenhang begangenen Gewalttaten können von emotionaler Erpressung und psychischem Druck bis hin zu schwerer körperlicher und sexualisierter Gewalt reichen. Zwangsverheiratungen und sogenannte „Ehren“-Morde sind Ausprägungen dieser Gewalt.

In Deutschland darf die Ehe nur auf Grund einer freien und vollen Willenserklärung der zukünftigen Ehegatten geschlossen werden.

Das bedeutet, jeder Mensch hat das Recht zu entscheiden, ob und wen er heiraten will.

Zwangsverheiratungen liegen dann vor, wenn mindestens einer der Eheleute durch die Ausübung von Gewalt oder durch die Drohung mit einem empfindlichen Übel zum Eingehen einer formellen oder informellen Ehe gezwungen wird und mit seiner Weigerung kein Gehör findet oder es nicht wagt, sich zu widersetzen.

In Deutschland ist Zwangsheirat ein eigener Straftatbestand und kann mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft werden.

Eine klare Abgrenzung zu arrangierten Ehen ist in der Praxis nicht immer leicht zu treffen. Arrangierte Ehe bedeutet, dass die Heirat zwar von Verwandten, Bekannten oder von Ehevermittlerinnen und Ehevermittlern initiiert, aber im vollen Einverständnis der Eheleute geschlossen wird. Im Zweifel sollte die Perspektive der Betroffenen zugrunde gelegt werden.

Hat ein Mädchen oder eine Frau durch ihr Verhalten nach Ansicht ihrer Familie Schande über sie gebracht, wird die Familie alles tun, um die Familienehre wiederherzustellen. In einigen Fällen sehen sie die einzige Möglichkeit dafür in der Ermordung der für den Ehrverlust verantwortlichen Person. Männer sind bei den sogenannten Ehren-Morden oft Täter und Opfer zugleich, da nicht selten minderjährige Familienangehörige beauftragt werden, die Tat zu begehen. Es kommt auch vor, dass sich männliche Familienmitglieder ohne direkten "Auftrag" durch ein stilles, unausgesprochenes Einverständnis verpflichtet fühlen, zu handeln.

Haben Sie eine andere Lebensplanung als Ihre Eltern, werden Sie in Ihrer Familie unter Druck gesetzt, beispielsweise durch Ausgangsverbote oder Schulverbote, haben Sie Angst gegen Ihren Willen verheiratet oder außer Landes gebracht zu werden, wollen Sie sich aus einer erzwungenen Ehe lösen oder sind von Gewalt im Namen der Ehre bedroht oder betroffen, dann wenden Sie sich an Opferhilfeeinrichtungen.

Deren Ziel und Aufgabe ist es, Mädchen, Jungen, junge Frauen und Männer, die bedroht oder betroffen sind, zu stärken und zu unterstützen, damit sie selbstbestimmt nach ihren eigenen Wünschen und Vorstellungen leben können.

Folgende Unterlagen sollten Sie bei einer Flucht, soweit möglich, mitnehmen:

  • Personalausweis, Reisepass,
  • Aufenthaltstitel, Dokumente der Ausländerbehörde,
  • Geburtsurkunde, Heiratsurkunde,
  • Zeugnisse, Arbeitsverträge,
  • Krankenversicherungsausweis,
  • Kreditkarten, Sparbücher,
  • Sozialversicherungsausweis,
  • Lohnsteuerkarte,
  • Unterlagen der Kinder: Kinderpass, Geburtsurkunde,
  • Aufenthaltstitel, Krankenversicherungsausweis, Impfpass, Schulzeugnisse, Sparbücher.

Hilfe bei "Gewalt im Namen der Ehre", Zwangsheirat und Zwangsehe

Bei akuter Bedrohung wählen Sie bitte die Polizeinotrufnummer, um weiteres Vorgehen in Ihrer Situation abzustimmen.

Sie können eine Strafanzeige bei jeder Polizeidienststelle oder auch online erstatten.

Sind Sie unsicher, ob Sie eine Strafanzeige erstatten sollten, da Sie eventuell Angst vor weiterer Bedrohung und Rache, eine skeptische Haltung gegenüber staatlichen Behörden oder resigniert haben, empfehlen wir Ihnen ausdrücklich, sich an eine Beratungsstelle zu wenden, die Sie bei Ihrer Entscheidungsfindung unterstützen kann. Ein Verzicht auf eine Anzeige ist in der Regel nicht erfolgversprechend, um weiterer Gewalt vorzubeugen. Die Erstattung einer Anzeige ist eine deutliche Botschaft an die Täterinnen und Täter, dass sich Betroffene nicht einschüchtern lassen. Das kann hilfreich für ein Verlassen der Opferrolle sein, um selbstaktivierend wirksam zu werden.

Ausländische Betroffene des Menschenhandels in Deutschland haben im Bundesgebiet eine Bedenkfrist von drei Monaten, um über eine Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden nachzudenken.

Bei einer Kooperation ist die Erlangung eines Aufenthaltstitels von Ausländern im Bundesgebiet möglich, welcher auch nach Abschluss des Verfahrens noch verlängert werden kann.

Sind Sie besonders gefährdet, kann Ihr Wohnort bereits bei der Anzeigenaufnahme geheim gehalten werden. Teilen Sie dazu der Polizei Ihre Befürchtungen mit.

Ist Ihnen dies nicht möglich, weil Sie der Tathergang zu sehr belastet, bitten Sie eine Person Ihres Vertrauens, Sie dabei zu unterstützen.

Von Menschenhandel Betroffene haben ein Recht auf Beratung und Unterstützung durch eine Fachberatungsstelle und Psychosoziale Prozessbegleitung.

Die Beratung durch eine Fachberatungsstelle ist immer kostenlos, anonym und unabhängig von Behörden oder anderen staatlichen Einrichtungen.

Die Fachberatungsstelle bietet psychosoziale Beratung und meist auch eine Notversorgung mit Lebensmitteln und Kleidung an. Sie unterstützen bei der Klärung von ausländerrechtlicher und sozialrechtlicher Fragen, einer sicheren und anonymen Unterbringung, beim Aufbau von Lebensperspektiven. Sie begleiten Betroffene zu Behörden beziehungsweise im Ermittlungsverfahren, im Strafverfahren, vor Gericht und vermitteln in medizinische Versorgung beziehungsweise in eine juristische Beratung.

Auf Wunsch können Sie Unterstützung bei der Ausreise und Vermittlung von Hilfsangeboten in den Herkunftsländern erhalten.

Beratungsangebote bei Menschenhandel, Zwangsprostitution, "Gewalt im Namen der Ehre" und Zwangsheirat